DiGA im deutschen Gesundheitswesen – mehr Unterstützung von Ärzt:innen und Nutzer:innen ist notwendig
DiGA sind nach 3 Jahren noch nicht vollumfänglich in der Versorgung angekommen.
Seit dem Inkrafttreten des Digitalen-Versorgungs-Gesetzes (DVG) am 19. Dezember 2019 können Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeut:innen verordnet und von den Krankenkassen erstattet werden.
Damit hat das deutsche Gesundheitswesen eine (seltene) Vorreiterrolle im internationalen Vergleich eingenommen. Andere Länder wie z.B. Belgien oder Frankreich haben damit begonnen ähnliche Modelle zu implementieren, mit dem Ziel digitale Innovationen zu fördern und neue Ansätze einer besseren und umfassenderen Patientenversorgung zu ermöglichen.
Betrachtet man jedoch die Anzahl der bisherigen Verschreibungen (insgesamt etwa 375.000 seit Beginn des DiGA-Programms) sowie die daraus resultierenden Nutzerzahlen und das Nutzerverhalten, so muss man feststellen, dass DiGA noch nicht wirklich im deutschen Gesundheitssystem und in der alltäglichen Versorgung angekommen sind.
Warum tun sich DiGA nach wie vor schwer in der Patientenversorgung? – Herausforderungen und Chancen für DiGA-Hersteller
Neben den Themen rund um das Zulassungsverfahren (Fast Track), dass es DiGA-Herstellern erlaubt für 12 Monate auch ohne zunächst nachgewiesenen Nutzen in die Erstattung aufgenommen zu werden und der besonderen Preisgestaltung (Hersteller können für die ersten 12 Monate ihre Preise bestimmen), befeuern heute vor allem folgende Punkte die öffentliche Diskussion:
Wie können potentielle Nutzer:innen auf DiGA aufmerksam gemacht werden?
Der überwiegende Teil (mehr als 70%) der DiGA-Nutzer:innen werden durch ihre Behandler:innen auf DiGA angesprochen.
Wie kann der Zugang zu DiGA und die Nutzung unterstützt werden?
Anders als bei verschreibungspflichtigen Medikamenten, müssen Patient:innen ihr DiGA-Rezept erst einmal bei ihrer Krankenkasse einreichen, um dann einen Freischaltcode für die DiGA zu erhalten. Sowohl bei der Einreichung der Verordnungen als auch bei der nachfolgenden Anwendung der zugesandten Freischaltcodes, gehen Verschreibungen zum Teil verloren– laut einer von der Barmer im Januar 2024 durchgeführten Umfrage zu DiGA, liegt dieser Anteil bei immerhin 6%.
Wie können DiGA-Nutzer:innen motiviert werden die Applikationen über den gesamten Verschreibungszeitraum zu nutzen?
Eine Umfrage der Barmer hat gezeigt, dass eine nicht unerhebliche Zahl der DiGANutzer:innen (38%), ihre App-Nutzung bereits vor Ablauf der 90 Tage beenden (15% bereits während des ersten Monats). Die fehlende Adhärenz wird zunehmend sowohl durch die Versicherer als auch durch den Gesetzgeber kritisiert. Es wird daher erwartet, dass die DiGA-Hersteller bis Ende des Jahres mit einer Novelle des Gesetzes konfrontiert werden, die eine Erstattung nur dann erlaubt, wenn eine Mindestnutzungsdauer erreicht wird. Es bleibt abzuwarten, in welcher Ausprägung eine Unterstützung der Nutzer:innen z.B. in Form von Adhärenzprogrammen in die Zulassungen und Vergütungen einfließen werden.
Wie wird die Zukunft von DiGA in Deutschland aussehen und was bedeutet das für die Hersteller?
Es wird mit Sicherheit zu einer Nachjustierung der DiGA-Gesetzgebung kommen müssen, damit DiGA der Rolle als digitale Treiber besser gerecht werden können. Für die Hersteller bedeutet dies unter anderem die Notwendigkeit, sich stärker mit den Themen Nutzerunterstützung, -begleitung und Adhärenz auseinanderzusetzen. Gleichzeitig natürlich auch die Chance sich frühzeitig durch entsprechende Lösungen und Angebote zu differenzieren und bestehende Geschäftsmodelle zu sichern.